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Erfahrungsbericht Valentina Jaensch:

„Im Rahmen der Projektwoche „DEMO I KARTIERT“  habe ich an zwei Aktivitäten teilgenommen: Der Vorführung des Films  „Die Unbeugsamen“ sowie dem Reinigen der Stolpersteine in der Göttinger Innenstadt. Der Film hat mir eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig der Einsatz für Gleichberechtigung und Demokratie ist und wie hart sich Frauen das Recht erkämpft haben, politische Prozesse mitzubestimmen. Die Reinigung der Stolpersteine am 8. Mai war für mich besonders berührend. Im Rahmen der Veranstaltung wurden immer wieder die Schicksale der auf den Steinen festgehaltenen Opfer des Nationalsozialismus aufgegriffen und ihr Biographie erzählt. Es war sehr bewegend zu erleben, wie sich Menschen dafür einsetzen, diese nicht zu vergessen, sondern deren Andenken am Leben zu erhalten. Insgesamt fand ich die Projektwoche sehr aufschlussreich und habe mich sehr darüber gefreut, dass sich die Beteiligten trotz all ihrer Verpflichtungen und Aufgaben so viel Engagement eingebracht haben.“

Erfahrungsbericht Lukas Ruths:

„Geschichte als Demokratiebildung. Nicht nur durch die Jubiläumsfeier zur 80-jährigen Befreiung vom nationalsozialistischen Terrorregimes, sondern auch aus aktuellen tagespolitischen Anlässen, haben sich dieses Jahr Historiker*innen aus der ganzen Bundesrepublik zusammengeschlossen, um die Demokratie zu stärken und dem Wiedererstarken extremistischer Kräfte gegen unsere plurale demokratische Gesellschaft den Widerstand zu artikulieren. In der Woche vom 5. bis zum 9. Mai fanden bundesweit Aktionen statt, die verschiedene historische Perspektiven auf das Thema der Demokratie einnehmen und vermitteln sollten. Einerseits fanden sich viele Formate in einem klassischen universitären-akademischen Format, wie der Vorlesung oder dem Seminar wieder. Andererseits gab es auch das Projekt “DEMOKARTIERT” und auch eine Aktion zum Reinigen der sogenannten “Stolpersteine” in Göttingen.

Ich selbst hatte Zeit, an einigen Veranstaltungen teilzunehmen: Den Anfang machte M.Ed. Ezra Rudolph mit der Vorstellung des Filmes “Die Unbeugsamen”. Der Vorlesungssaal im ZHG wurde hierfür in der Manier des Unikinos umfunktioniert und dort konnte man durch den Film einen erfrischenden feministischen Blick auf die politische Geschichte der BRD – unter anderem an der Person Petra Kellys – veranschaulicht bekommen. Der Nachfolger “Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, Ihr Schönen!” soll eine ähnliche Perspektive aus der politischen Geschichte der DDR behandeln. Vielleicht wird es dazu ja auch noch eine Folgeveranstaltung geben?

Weiter ging es am folgenden Tag bei einem Vortrag von Dr. Matthias Berlandi. Dieser machte mit seinem Vortrag “Warum Demokratien sterben – Lehren aus dem 11. Jahrhundert” eine ökonomische Perspektive auf die Probleme und Konflikte unserer Zeit auf, indem er das Beispiel der Vermögensverteilung im Heiligen Römischen Reich dt. Nationen im 11. Jhr. analysierte und Schlussfolgerungen auf heutige sozioökonomische Konflikte und Ungleichheiten verdeutlichte. Eine anschließende intensive Diskussion ist mir besonders im Gedächtnis geblieben, da mir die ökonomische Perspektive auf demokratische Problemfelder unserer heutigen Zeit durchaus unteranalysiert scheint.

Am Donnerstag der Woche konnte ich mich einer Aktion von Prof. Dr. Dirk Schumann anschließen, in der man nicht nur zum Gedenken, sondern auch zum aktiven Handeln kam. In Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V. und dem Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V. traf man sich am (gewohnten) Treffpunkt am Gänseliesel, spazierte durch die Stadt, gedachte an drei vorherigen Stolpersteinstandorten, kam währenddessen und im Anschluss mit verschiedenen Personen ins Gespräch und organisierte sich danach in Kleingruppen zusammen, um auf eigene Faust ein paar Steine in der Innenstadt zu säubern. Ich war selbst überrascht, wie schnell und einfach man diese Steine säubern konnte und was das auch für einen strahlenden Effekt der Steine durch die Göttinger Sonne auslösen kann. Auch durch die Vielzahl der Personen von jung bis alt habe ich mich selbst bei dem Gedanken erwischt “Ahh du bist also nicht alleine”!

Zum Abschluss meiner Demokratiewoche konnte ich noch einem Vortrag von Frau Prof. Dr. Kathrin Klausmeier (im Rahmen des Forschungstages) in der Historischen Sternwarte lauschen. Ihr Vortrag “Historische Bildung und Demokratiebildung: Annäherung an eine Verhältnisbestimmung” zeigte nicht nur verschiedene Perspektiven der fachdidaktischen Forschung auf, sondern versuchte auch, die Verknüpfung zwischen Demokratiebildung und Geschichtsunterricht aufzuzeigen. Nicht nur als angehender Lehrer, dem Demokratiebildung eine besondere Herzensangelegenheit ist, sondern auch als Student, der aktuell genau simultan diese Themen im Seminar bei Frau Klausmeier mit seinen Kommiliton*innen diskutiert, fand ich den kurzen und prägnanten Vortrag von ihr sehr gelungen. Insbesondere hat dieser geholfen, einen Überblick über die verschiedenen Perspektiven zu geben, was der Geschichtsunterricht kann und auch tun soll.

Die Woche war durch die Teilnahme an diesen Veranstaltungen natürlich zeitlich sehr angespannt, da man neben seinem normalen universitären Alltag auch noch diese “Extra”-Angebote wahrnehmen wollte. Ich würde dennoch sagen, dass die Veranstaltungen, an denen ich teilnehmen konnte, durchaus gut und mit Begeisterung besucht waren. Es waren tolle Abwechslungen zum normalen universitären Leben und boten neue Denkanstöße und Erfahrungen zum Phänomen Demokratie, die man sonst nicht erlebt hätte.“


Field report by Valentina Jaensch:

‘As part of the ‘DEMO I KARTIERT’ project week, I took part in two activities: The screening of the film ‘Die Unbeugamen’ and the cleaning of the stumbling blocks in Göttingen city centre. The film impressively demonstrated to me how important it is to fight for equal rights and democracy and how hard women have fought for the right to have a say in political processes. The cleaning of the stumbling blocks on 8 May was particularly moving for me. During the event, the fates of the victims of National Socialism recorded on the stones were repeatedly addressed and their biographies told. It was very moving to see how people are committed to not forgetting them, but to keeping their memory alive. Overall, I found the project week very informative and was delighted that the participants showed so much commitment despite all their commitments and tasks.’

Field report by Lukas Ruths:

‘History as democracy education. This year, historians from all over Germany came together to strengthen democracy and articulate resistance to the resurgence of extremist forces against our pluralistic democratic society, not only due to the anniversary celebrations marking 80 years of liberation from the National Socialist terror regime, but also for current political reasons. In the week from 5 to 9 May, activities took place across Germany that were intended to adopt and communicate different historical perspectives on the topic of democracy. On the one hand, there were many formats in a classic university-academic format, such as lectures or seminars. On the other hand, there was also the ‘DEMOKARTIERT’ project and a campaign to clean the so-called ‘stumbling blocks’ in Göttingen.

I myself had time to take part in a few events: M.Ed. Ezra Rudolph kicked things off with a presentation of the film ‘Die Unbeugsamen’. The lecture hall in the ZHG was converted into a university cinema for the screening, where the film provided a refreshing feminist view of the political history of the Federal Republic of Germany – including the person of Petra Kelly.

The sequel, ‘Die Unbeugsamen 2 – Guten Morgen, Ihr Schönen!’, will deal with a similar perspective from the political history of the GDR. Perhaps there will also be a follow-up event?

Things continued the following day with a lecture by Dr Matthias Berlandi. In his lecture ‘Why democracies die – lessons from the 11th century’, he presented an economic perspective on the problems and conflicts of our time by analysing the example of wealth distribution in the Holy Roman Empire of German nations in the 11th century and drawing conclusions for today’s socio-economic conflicts and inequalities. An intensive discussion that followed particularly stuck in my mind, as the economic perspective on the democratic problems of our time seems to me to be under-analysed.

On the Thursday of the week, I was able to join an event organised by Prof. Dr Dirk Schumann, in which we not only commemorated, but also took active action. In cooperation with the Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V. and the Geschichtsverein für Göttingen und Umgebung e.V., people met at the (usual) meeting point at the Gänseliesel, walked through the city, commemorated three previous stumbling stone sites, talked to various people during and after the walk and then organised themselves into small groups to clean a few stones in the city centre on their own. I was surprised myself at how quickly and easily these stones could be cleaned and what a radiant effect the Göttingen sun can have on the stones. The large number of people from young to old also made me think to myself ‘Ahh, so you’re not alone’!

At the end of my Democracy Week, I was able to listen to a lecture by Prof Dr Kathrin Klausmeier (as part of the Research Day) in the Historical Observatory. Her lecture ‘Historical education and democracy education: Approaching a definition of the relationship’ not only showed different perspectives of subject didactic research, but also tried to show the link between democracy education and history teaching. Not only as a prospective teacher, for whom democracy education is a matter close to my heart, but also as a student who is currently discussing these topics simultaneously with his fellow students in Mrs Klausmeier’s seminar, I found her short and concise lecture very successful. In particular, it helped to give an overview of the different perspectives on what history lessons can and should do.

Of course, attending these events meant that the week was very tight in terms of time, as you wanted to take advantage of these ‘extra’ offers in addition to your normal university routine. Nevertheless, I would say that the events I was able to take part in were well attended and enthusiastically attended. They were a great change from normal university life and offered new food for thought and experiences about the phenomenon of democracy that you wouldn’t otherwise have had.’